Corpus der deutschsprachigen Orientdichtung des 19. Jahrhunderts
Ziel des Projekts
Die Text- und Datenbank von CDOJ soll eine möglichst umfassende (idealerweise eines Tages annähernd vollständige) Sammlung von deutschsprachigen Texten bieten, die im weitesten Sinn der »Orientdichtung« zugerechnet werden können. Die Texte stehen, soweit bereits bearbeitet, als PDF zur Verfügung. Sie lassen sich nach AutorInnen, Jahren, Themen oder Titel recherchieren (→ Hinweise zur Benutzung).
Unter »Orient« ist die islamische Welt in ihrer gesamten zeitlichen und räumlichen Ausdehnung zu verstehen (siehe auch unten). Es handelt sich daher bei »Orient« nicht um einen geographischen, sondern um einen kategorialen Begriff im Sinn des mental mapping. Naturgemäß fallen unter »Orient« in diesem Verständnis auch Nordafrika und das vormals islamische Spanien (al-Andalus), obwohl beide nicht dem geographischen Orient-Begriff zugeordnet werden können. Dasselbe gilt für die Regionen in Südosteuropa, die ehemals dem Osmanischen Reich angehörten.
Der Begriff »Orientdichtung« bezeichnet Texte, die — wiederum im weitesten Sinn — »den Orient« dichterisch verarbeiten, das Orientbild reflektieren oder orientalische (bzw. auch orientalistische) Motive verwenden. Es handelt sich also um Dichtung im Rahmen des literarischen Orientalismus des 19. Jahrhunderts, und zwar hier verstanden als Bezeichnung für »Akte der Bezugnahme auf den Orient: seine Thematisierung und Darstellung ebenso wie seine motivisch-metaphorische Aktualisierung« (Andrea Polaschegg).
Das Projekt strebt an, die Kenntnis und Erforschung der deutschsprachigen Orientdichtung und somit auch die Erforschung des modernen Orientalismus auf eine neue, vor allem breitere Grundlage zu stellen. Im Mittelpunkt steht, wie an dieser Stelle noch explizit angemerkt werden soll, ein kultur- und mentalitätsgeschichtliches Interesse an den Texten, nicht in erster Linie ein literaturwissenschaftliches.
Auswahl der Texte
Im Fokus dieser Webseite steht die deutschsprachige Orientdichtung des 19. Jahrhunderts. Unter »deutschsprachig« fallen hier auch alle im 19. Jahrhundert erschienenen Übersetzungen von Orientgedichten, die ursprünglich in anderen europäischen Sprachen und ggf. vor dem 19. Jahrhundert verfasst worden sind.
Das Corpus von CDOJ stellt Texte zusammen, die — im Sinn des »klassischen« Orientalismus — die islamische Welt in den Blick nehmen. Texte, die osteuropäische, kaukasische, subsaharisch-afrikanische oder indische Stoffe thematisieren, sind deshalb nur dann aufgenommen worden, wenn sie einen Islam-Bezug aufweisen.
Folgende Motiv- und Themenbereiche, die für das europäische Orientbild ebenfalls eine Rolle gespielt haben, sind nicht berücksichtigt worden:
- Ausschließliche Bezugnahmen auf den antiken Orient (mit den Kernthemen pharaonisches Ägypten, Griechenland und die Perser, Zenobia, der vorislamische Iran u.a.)
- Ausschließliche Bezugnahmen auf den biblischen Orient (also alt- und neutestamentliche Stoffe; christliche Palästinadichtung aus nachbiblischer Zeit)
Diese Einschränkung gilt jedoch nicht für Gedichte mit antiken oder biblischen Orientstoffen, die zugleich auf den islamischen Kultur- und Lebensraum bzw. auf die islamische Welt des 19. Jahrhunderts Bezug nehmen; diese sind in das Corpus aufgenommen worden.
Nicht aufgenommen werden aus formalen Gründen dramatische Dichtungen und Opernlibretti.
Deutschsprachige Ghaselen-Dichtung des 19. Jahrhunderts wird nur dann berücksichtigt, wenn sie ein Minimum an orientalischen/orientalistischen Motiven enthält, was aber für die Zeit nach der Jahrhundertmitte kaum noch der Fall ist. Allein die Ghaselen-Form ist kein Kriterium für die Aufnahme eines Texts in das Corpus von CDOJ.
Eine Kategorie ganz eigener Art, die im Corpus von CDOJ ebenfalls nicht abgedeckt wird, sind schließlich die Übersetzungen orientsprachlicher (arabischer, persischer, türkischer, usw.) Texte ins Deutsche. Nur in Fällen, in denen es zweifelhaft oder unwahrscheinlich ist, dass tatsächlich eine echte Übersetzung vorliegt, erfolgte eine Aufnahme von Texten in das Corpus von CDOJ.
Wiedergabe der Texte
Die auf den Seiten von CDOJ abrufbaren Texte folgen in Orthographie, Zeichensetzung und Satzbild stets und ohne Ausnahme den Vorgaben des Originaldrucks; nur offensichtliche Druckfehler — etwa »Pamle« statt »Palme« — oder gravierend schlampige/schlechte Drucke wurden korrigiert.
Ist ein Text im 19. Jahrhundert mehrfach gedruckt worden, so liegt den hier abrufbaren Texten immer der erste Druck zugrunde. Varianten in den späteren Drucken gegenüber dem Erstdruck werden im Apparat zum Text dokumentiert, wenn sie über rein orthographische Abweichungen hinausgehen. Allein bei der Schreibung der Gedichttitel sowie bei der Wiedergabe von orientalischen Begriffen und Orts- oder Personennamen ist jeder, auch orthographische, Unterschied dokumentiert.
Zeitliche Einordnung der Texte
Die Texte werden zeitlich dem Jahr ihres ersten Drucks zugeordnet. In einzelnen Fällen kann es vorkommen, dass der tatsächliche Erstdruck im Corpus von CDOJ noch nicht erfasst ist (weil bisher nicht ermittelt), was natürlich berichtigt wird, sobald die nötigen Informationen vorliegen.
Der eigentliche Entstehungszeitpunkt eines Texts spielt für die zeitliche Einordnung in CDOJ keine Rolle, weil sich dieser in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht genau ermitteln lässt.
Texte, die in Almanachen, Taschenbüchern usw. »auf das Jahr 18xx« oder »für das Jahr 18xx« gedruckt wurden, werden dem Vorjahr zugerechnet, wenn das Titelblatt des entsprechenden Buchs nicht explizit ein Erscheinungsjahr angibt.
Erläuterung der Texte
Die Texte werden auf CDOJ zunächst ohne Kommentar, d.h. ohne Erläuterungen zu sprachlichen, inhaltlichen oder literargeschichtlichen Aspekten zugänglich gemacht. Inhaltliche Fehler, aber auch Namens- und Begriffsverschreibungen aller Art, die in den Gedichttexten auftreten, werden nur im Ausnahmefall — insbesondere bei gravierenden Irrtümern oder Fehlern — korrigiert oder angezeigt.
Ein Wort an die BenutzerInnen
Alle BenutzerInnen dieser Webseite sind freundlich gebeten, Anregungen, etwaige Berichtigungen oder weitergehende Informationen mitzuteilen, und zwar an folgende Email:
redaktion@cdoj.de
Marco Schöller
Professor für islamische Geschichte am Institut für Arabistik und Islamwissenschaft der Universität Münster
Münster, im Oktober 2023
(aktualisiert im Februar 2025)